27. SONNTAG IM JAHRESKREIS

6. Oktober 2012

Evangelium nach Lukas (17,5-10

Gedanken zum Evangelium:

„Stärke unseren Glauben!“ bitten die Jünger. Haben sie das Gefühl, ihr Glaube ist für ihre Aufgabe zu schwach? Sind sie in einer Glaubenskrise? „Ich habe meinen Glauben verloren“, sagte jemand, der aus der Kirche ausgetreten war. Aber man verliert seinen Glauben doch nicht, wie man einen Schlüsselbund verliert. Denn Glauben heißt nicht, eine Reihe von Glaubenssätzen, Vorschriften, Dogmen, Geboten und Verboten für wahr halten. Ich kann mich auch an die meisten der 10 Gebote halten, ohne an Gott zu glauben.

Ich glaube, wenn ich in einem Vertrauensverhältnis zu Gott und zu Jesus lebe. Glauben ist immer eine Beziehungsgeschichte, die mein Denken, Fühlen und Handeln beeinflusst und prägt. Diese Beziehung muss ich aber pflegen, sonst wird sie immer schwächer, bis ich eines Tages feststelle: Es ist nichts mehr da, es gibt kein Gefühl der Verbundenheit mehr. Ich glaube nicht mehr.

„Stärke unseren Glauben!“ Jesus reagiert auf die Bitte seiner Freunde sehr überraschend: „Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn“ – also winzig klein, denn ein Senfkorn ist eines der kleinsten Samenkörner – „dann könntet ihr zu diesem großen Baum sagen: 'Verpflanze dich ins Meer' und er würde euch gehorchen.“ Dieses Beispiel erscheint abstrus und gehört in eine Reihe ähnlicher bewusster Übertreibungen wie: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in das Reich Gottes.“

Mit einer orientalisch überspitzten Bildsprache macht Jesus überraschend deutlich: Ihr braucht keinen großartigen, starken, alles überragenden Glauben. Jesus nennt seine Freunde öfters „Ihr Kleingläubigen!“ Ein Minimum an Glauben genügt schon, um euch für das Reich Gottes einzusetzen. Ein Grundvertrauen zu Gott kann Wunder wirken. Jesus macht den „Schwachen, Kleinen, oft Zweifelnden, Mutlosen im Glauben“ Mut. Auch dann, wenn unsere Beziehung zu Gott eher schwach ist, können wir unsere Welt ein Stückchen ändern, wenn wir aus diesem Vertrauen heraus handeln. Auch dann können wir Berge versetzen, d.h. scheinbar Unmögliches möglich machen. Die Vertrauensbeziehung zu Gott gibt eine innere Lebenskraft. Gott selbst ist in uns wirksam.

Und deswegen: Wenn wir dann aus dem Glauben heraus handeln, dann ist das nicht unsere eigene Leistung oder eigener Verdienst! Wir sind nur „Knechte, Diener“ Gottes. Wir stehen in seinem Dienst.

Das hat nichts mit sklavischer Unterwürfigkeit zu tun, sondern mit Dankbarkeit. Wir sind Gott dankbar, weil er – der „Herr“, der unendlich große Schöpfer von Himmel und Erde - zu uns steht, uns mit den Augen eines liebenden Vaters betrachtet. Gott ist – seinem Wesen nach – der Herr, aber dieser Herr steht zu uns wie ein liebender Vater. Mit diesem unglaublich großen Herrn, dürfen wir ja – als seine Kinder – per Du sein.

Wenn wir uns dessen bewusst sind, dann verhindert dies einerseits, dass wir Gott als angstmachenden Tyrannen missverstehen. Und wenn wir im Bewusstsein behalten, dass er unser Herr ist, dann verhindert dies andererseits, dass wir Gott als einen Softie und unseren Kumpel betrachten, der nicht ernst zu nehmen ist. Deswegen: „Wir sind unnütze Diener; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.“ „Es ist ja doch selbstverständlich, dass wir uns für diesen uns liebenden Gott, für sein Reich, einsetzen“. Wenn mein Herz mit Gott verbunden ist.....

Natürlich wird dieses Vertrauen zu Gott immer wieder im Leben jedes Menschen ins Wanken gebracht, „angefochten“, wie man früher sagte: bei Leiderfahrung, in Krankheit, beim Tod nahe stehender Menschen oder in Situationen, in denen es einem den Boden unter den Fußen wegzuziehen scheint. Aber auch durch Gewöhnung und Nachlässigkeit. Wir müssen unsere Beziehung zu Gott pflegen, sie soll wachsen, stärker werden durch Gebet und Gottesdienst, aber auch, indem wir immer wieder versuchen so miteinander umzugehen, wie Jesus es tat. Aus einem Vertrauen zu Gott heraus leben ist eine bleibende Lebensaufgabe.

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